Säulen des Taekwondo

Um der Individualität der Sportlerinnen und Sportler gerecht zu werden, gibt es im Taewkondo das fünf Säulensystem.


Grundschule (Gibon Yonsup)

Dort werden die vielfältigen Hand- und Fausttechniken erlernt. Im sogenannten Ein-, Zwei- oder Dreischrittkampf (Ilbo-Taeryon) werden die Techniken schließlich am Partner ohne Kontakt ausgeführt und bei Gürtel-Prüfungen präsentiert.


Ilbo-Taeryon am See Thomas Fabula u. Andreas Nöcker

Formenlauf (Poomsae)

Der Formenlauf ist Wettkampf-Diziplin. Hier wird ein vorgeschriebener Bewegungsablauf gegen imaginäre Gegner ausgeführt. Die ersten acht Formen werden 'Taegeuk' (koreanische Lesart für Taiji) genannt. Die Taegeuk ersetzen seit 1971 in der WTF offiziell die acht Palgwae (koreanische Lesart von Bagua), welche 1967 entwickelt wurden.
Formenschule: Taegeuk-Poomsae (1-8) und Poomsae (9-17)

Die Poomsae und das Einüben der dazugehörigen Techniken sind fester Bestandteil des traditionellen Trainings bzw. der Grundschulung.

Bei den Poomsae, auch Bewegungsformen genannt, handelt es sich um bestimmte Bewegungsabläufe, die in vorgegebenen Kombinationen einer bestimmten Reihenfolge und Regelmäßigkeit unterliegen. Bei den Kombinationen handelt es sich um Abwehr-Angriff-Techniken, die in alle vier Himmelsrichtungen gemäß einer festgelegten „Choreographie“ erfolgen. Was die Abwehr-Angriff-Techniken betrifft, so handelt es sich dabei um einen Kampf gegen einen imaginären Gegner, der über exakt dieselbe Körpergröße, dasselbe Gewicht, dasselbe Können etc. verfügt. Man könnte auch sagen, dass der imaginäre Gegner dem eigenen Spiegelbild entspricht.

Insgesamt gibt es im Taekwondo 17 Formen, die jeweils einen unterschiedlichen Schweregrad aufweisen, und je nach Kup-Graduierung gelernt werden. So wird beispielsweise zum 7. Kup (gelb-grüner Gürtel) die erste Poomsae (Taegeuk Il Jang) gefordert, zum 6. Kup (grüner Gürtel) die zweite (Taegeuk I Jang) etc.

Die Formen im Überblick:

Schülerformen:
1. Poomsae: Taegeuk Il (1) Jang
2. Poomsae: Taegeuk I (2) Jang
3. Poomsae: Taegeuk Sam (3) Jang
4. Poomsae: Taegeuk Sa (4) Jang
5. Poomsae: Taegeuk Oh (5) Jang
6. Poomsae: Taegeuk Yuk (6) Jang
7. Poomsae: Taegeuk Chil (7) Jang
8. Poomsae: Taegeuk Pal (8) Jang

Meisterformen:
9. Poomsae: Koryeo
10. Poomsae: Geumgang
11. Poomsae: Taebaek
12. Poomsae: Pyeongwon
13. Poomsae: Sipjin
14. Poomsae: Jitae
15. Poomsae: Cheonkwon
16. Poomsae: Hansu
17. Poomsae: Ilyeo

Die Poomsae unterliegen einer festen Abfolge, die je nach Poomsae einem gewissen Diagramm unterliegt. Bei diesen Diagrammen handelt es sich um die auf der Südkorea-Flagge abgebildeten schwarzen Trigramme, die in einer Art Viereck um das im Zentrum befindliche „Eum und Yang“ Symbol, die koreanische Variante des Ying und Yang Symbols, angeordnet sind. Diese ‚Trigramme’ stammen aus den I-Ging Schriften (dem Buch der Wandlungen) und stehen für den Himmel sowie für die drei weiteren Elemente: Das Trigramm oben rechts steht für Wasser, das Trigramm unten links für Feuer und das Trigramm unten rechts für die Erde.


Poomsae: Geumgang

Selbverteidigung (Hosinul)

Effektive, realistische und leicht erlernbare Techniken werden vermittelt. Der koreanische Begriff Hosinul bedeutet im allgemeinen Selbstverteidigung und ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des modernen Taekwondo. Diese Definition ist etwas irreführend, da alle Taekwondo-Techniken praktisch zur Verteidigung geeignet sind, jedoch werden beim Hosinul vorwiegend Techniken geübt, wo Fuß und Handtechniken nicht angebracht sind da man bereits attackiert wird. Aus diesem Grund wird beim Hosinul die Befreiung aus Griffen, oder Würge-Techniken, sowie Hebel und Wurf-Techniken geübt die auch aus anderen Kampfsportarten übernommen werden können. Da in einer Notwehrsituation es im Gegensatz zu einer Wettkampfsituation keine festen Regeln gibt, "kann" der Angreifer sein Opfer mit jeder möglichen Aktion überraschen und der Schüler (Verteidiger) darf jede Art von Verteidigung benutzen um sich zu Wehren. Selbstverständlich muß jeder der Verteidiger den Notwehrparagraphen, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, beachten.

Zusätzlich zu den aufgezählten Techniken kommt noch die Fallschulung zum Honsinul die in den meisten Taekwondo-Vereinen leider stark vernachlässigt wird. Gerade dieser Teilbereich des Taekwondo wird häufig gerne von Frauen bevorzugt geübt um sich in einem möglichen Ernstfall zu wehren.


Monika Nöcker setzt eine Hebeltechnik an.

Vollkontakt (Kyorugi)

Das Taekwondo hat sich von einem koreanischen Volkssport mit der Verbreitung in der Welt, der Austragung von internationalen Wettkämpfen und der Aufnahme in das Programm der Olympischen Spiele zu einem modernen Wettkampfsport entwickelt. Nach Angaben der WTF trainieren weltweit über 40 Millionen Athleten den dynamischen Vollkontakt-Wettkampfsport, seit der offiziellen olympischen Anerkennung in Sydney 2000 mit steigender Tendenz.

Regelmäßig finden auch Militär-Weltmeisterschaften (CISM) im Vollkontakt-Wettkampf (WTF) statt. Die letzte CISM-WM fand im Oktober 2004 in Warendorf statt, bei der die deutsche Mannschaft mehrere Medaillen gewinnen konnte.

Der Wettkampf (Freikampf) findet auf einem abgegrenzten Feld statt und wird von mehreren Punktrichtern bewertet, von einem Kampfrichter geleitet. Der Wettkampf geht über wenige Minuten (olympisch drei Runden über jeweils zwei Minuten mit jeweils einer Minute Pause), in denen die Teilnehmer versuchen müssen, mit Taekwondo-Techniken den Gegner zu treffen (Vollkontakt). Je nach getroffener Körperstelle(Torso einen Punkt und Kopf 2 bis 3 Punkte) und Trefferwirkung werden Punkte vergeben, bei unsportlichem Verhalten können auch Strafen (Punktabzüge) vergeben werden. Der Wettkampf kann jedoch auch durch ein K.O. entschieden werden. Die genauen Kampfordnungen unterscheiden sich von Verband zu Verband, können aber in der Regel auf den Webseiten der Verbände eingesehen werden (siehe Weblinks, unten). Die olympischen Wettkämpfe finden in vier der sonst üblichen acht Gewichtsklassen für Männer und Frauen nach den international gültigen Wettkampfregeln der WTF statt. Im Vollkontakt tragen die Wettkämpfer exakt vorgeschriebene Schutzausrüstung (Kopfschutz, Schienbein- und Ellbogenschoner, Tiefschutz, Zahnschutz, Brustpanzer).

Als Konsequenz der starken Wettkampforientierung in der olympischen Disziplin werden schwerpunktmäßig Techniken und Kombinationen geübt, die im Wettkampf gemäß der Wettkampfordnung Trefferpunkte bringen. Im Gegensatz dazu besinnen sich die traditionellen Schulen auf ein Taekwondo ohne Wettkampfdruck und üben demzufolge das gesamte Technikspektrum. Dennoch finden auch hier Freikämpfe (meist Leicht- beziehungsweise Semikontakt) statt. Hier stehen allerdings statt der Trefferwirkung eher die korrekte und ästhetische Ausführung der Technik(en) im Vordergrund.

Neben dem Freikampf werden auch Formenturniere ausgetragen, diese Wettkampfdisziplin ist allerdings nicht olympisch.


Bruchtest (Kyek-Pa)

Hier werden der Reifegrad, die Präzision und die Geschindigkeit einer Technik in "Anwendung" erprobt. Sieht spektakulär aus, hat im Training aber nur geringe praktische Bedeutung: das Zerschlagen von Brettern, Ziegeln und Steinen. Diese Fähigkeit ergibt sich aus dem konsequenten Training von Kraft, Schnelligkeit und Genauigkeit einer Technik. Der Bruchtest erfordert eine präzise Technikausführung mit exaktem Brennpunkt, Kraft und Schnelligkeit. Nur eine korrekt ausgeführte Technik bringt das Brett zum Brechen.

Die Kraft, Geschwindigkeit und Technik eines Schlages oder Trittes wird bei Prüfungen (und Vorführungen) in der Regel an 30x30 cm großen und ca. 3 cm dicken Fichtenbrettern demonstriert. Für Kinder und Frauen gibt es dünnere Bretter, man kann aber auch mehrere Bretter zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades übereinander legen. Noch schwieriger wird es, wenn man seine Technik an einem frei stehendem bzw. nur einseitig gehaltenem oder sogar an einem geworfenem Brett demonstrieren muss. Weitere Möglichkeiten sind auch die Durchführung der Technik im Sprung oder gleichzeitige Techniken an verschiedenen Brettern.

Ziegel, Kokosnüsse, Ytong-Steine und andere Gegenstände dienen lediglich der spektakulären Show bei Vorführungen.

Standardbruchtest

Bei einem "Standardbruchtest" wird die Technik auf ein Brett mit einer dem Gürtelgrad entsprechenden Dicke ausgeführt, wobei dieses an mindestens zwei Seiten von einem oder mehreren Personen festgehalten wird. Dieser Bruchtest wird bereits von Schülern bei Prüfungen abgefragt und erfordert ein ausgewogenes Verhältnis der oben aufgeführten Voraussetzungen.

Massebruchtest

Bei einem "Massebruchtest" ist ein enormer Kraftaufwand erforderlich, der hauptsächlich durch die Körpermasse bestimmt wird. Es werden mehrere Bretter, Steine etc. aufeinander gelegt oder besonders dickes Material gewählt, das unbedingt sicher und stabil positioniert oder gehalten werden muss, damit es nicht nachgeben kann und bei ausreichender Krafteinwirkung bricht. Da hier viel Masse bewegt wird, kann in der Endphase keine sehr hohe Geschwindigkeit erreicht werden. Die Einbeziehung des ganzen Körpers ist daher besonders wichtig. Bruchtests auf geschichtete Materialien werden deutlich erleichtert, wenn zwischen jeder Schicht Abstandhalter eingelegt werden. Auf diese Weise überträgt z. B. ein gebrochenes Brett den Impuls auf das nächste, was einer Art Kettenreaktion gleichkommt. Massebruchtests erfordern langjährige Erfahrung und ein hohes Maß an Können. Im Rahmen von Prüfungen werden sie in der Regel nur bei höheren Meistergraden verlangt.

Geschwindigkeitsbruchtest

Bei einem "Geschwindigkeitsbruchtest" wird das Material mit nur einer Hand an der Unterseite gehalten, einfach aufgestellt, an einem Faden aufgehängt oder frei in die Luft geworfen (höchste Schwierigkeitsstufe). Bei einer langsamen Technik würde das Material ungebrochen zurückweichen. Es ist daher wichtig (durch den Einsatz von verhältnismäßig wenig Körpermasse), die Technik stark zu beschleunigen und eine extrem hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Auch dieser Bruchtest erfordert langjährige Erfahrung und ein hohes Maß an Können. Im Rahmen von Prüfungen werden Geschwindigkeitsbruchtests nur bei Graden ab dem 2. Dan verlangt.


Andreas Nöcker in Aktion

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